Der Führerschein wird in Deutschland auf Lebenszeit vergeben. Je älter ein Autofahrer, desto älter auch das Dokument zum Fahrzeugführen – mancher „Lappen“ hat schon mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel. Ein alterndes Dokument stellt keine Gefahr dar, anders ist es jedoch mit älteren Autofahrern, deren Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeiten nachlassen können. Stellen Senioren ab einem bestimmten Alter ein Risiko im Straßenverkehr dar?
Zunächst: Die grundsätzliche Antwort lautet nein, denn das Alter allein ist kein Grund für eine geringere Fahrtauglichkeit. Allerdings nehmen mit dem Alter bestimmte Fähigkeiten, die für ein sicheres Autofahren benötigt werden, stetig ab. Jeder Mensch kommt bei Älterwerden irgendwann an einen Punkt, an dem das Autofahren nicht mehr sicher ist. Um auch im Alter gut zu fahren, ist ausreichende Sehschärfe, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit notwendig. Hinzu kommt die Beweglichkeit der Halswirbel, die für den Schulterblick notwendig sind – Spiegel reichen hier nicht aus. Auch das Hören sollte nicht unterschätzt werden, da die akustischen Rückmeldungen aus dem Straßenverkehr für das Einschätzen von Entfernungen und Geschwindigkeiten der anderen Verkehrsteilnehmer sehr wichtig sind.
Keine Pflicht zum Test
Die aktuelle Rechtslage in Deutschland sieht keine regelmäßigen Gesundheitstests für ältere Führerscheininhaber vor. Jeder Autofahrer trägt die Verantwortung für die eigenen körperliche und geistige Fahrtüchtigkeit selbst. Erst bei Anlass werden in Deutschland Tests durchgeführt, beispielsweise nach erheblichen Verkehrsdelikten oder Unfällen, bei denen der Verdacht auf eine verminderte Fahrtauglichkeit besteht. Andere EU-Staaten wie Schweden, Spanien oder die Niederlande haben generelle Tests für Ältere bereits eingeführt, teilweise bereits ab 50 Jahren. Auch in Deutschland gibt es viele Befürworter für regelmäßige gesundheitliche Check-Ups im zweijährigen Abstand. Denn Fakt ist: ab einem Lebensalter von etwa 75 Jahren erhöht sich das statistische Unfallrisiko deutlich – vor allem bei Senioren, die nur wenig fahren. Ältere Fahrer verursachen zu rund drei Vierteln ihre Unfälle selbst und sind damit sogar jungen Fahranfängern „voraus“. Dabei sind sie vor allem mit Stresssituationen beim Abbiegen und bei komplexen Vorfahrtsregelungen überfordert, zuviel Alkohol oder zu schnelles Fahren spielen kaum eine Rolle. Auch Anpassungsleistungen der älteren Fahrer wie das Fahren nur kurzer und bekannter Strecken und das Meiden von Autobahnen und Nachtfahrten wirken nur bis zu einem bestimmten Punkt.
Freiwillige Check-Ups unterliegen der Schweigepflicht
Ältere Autofahrer, die selbst erste Zweifel an ihrer generellen Fahrtauglichkeit hegen oder entsprechende Hinweise aus ihrem Umfeld erhalten, finden vielfältige Ansprechpartner vor. So bieten Einrichtungen wie Fahrschulen, der TÜV, die Dekra oder der ADAC freiwillige Fahr-Fitness-Checks an, die allerdings kostenpflichtig sind. Sie bieten den Vorteil, dass geschulte Fahrtrainer die Senioren im eigenen Auto bei alltäglichen Fahrten begleiten und so eine gezielte Bewertung und Rückmeldung abgeben können. Danach können Maßnahmen wie zusätzliche Auffrischungs-Fahrstunden, weitere Tests oder sogar die Abgabe des Führerscheins bewogen werden. Eine andere Möglichkeit ist die Ansprache des Hausarztes. Dieser kann ebenfalls einen Gesundheitstest durchführen und die persönliche Medikation und eventuelle chronische Krankheiten nach fahrtauglichkeitsvermindernden Inhalten durchsuchen. Auch kann er an speziell ausgerüstete Fachärzte weiter verweisen, die mit Fahrsimulationsgeräten ausgestattet sind. Wie auch immer die entsprechenden Testergebnisse ausfallen, die letzte Entscheidung bleibt immer beim Autofahrer selbst, da die Ergebnisse und die Beratung der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Die aktuelle Resonanz auf freiwillige wie ärztliche Angebote ist allerdings noch eher schwach, was auch an der großen Emotionsgeladenheit des Themas liegt. Autofahren zu können ist für viele Menschen mit einem Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit verbunden. Geht dann der Führerschein verloren, kann das Selbstbewusstsein empfindlich angeknackst werden. Letztlich trägt jeder Autofahrer selbst die Verantwortung, sicher und mit Rücksicht auf Andere am Verkehr teilzunehmen.